Sylt (Reisebericht)

Ich bin einer, der schon seit vielen Jahren auf dem Wasser herum rutscht, jedes Jahr ein wenig dazu lernt, obwohl die Spitze unseres Sportes heute um viele Regionen weiter (besser) fährt als unser eins. Mein erstes eigenes Brett war die von euch veröffentliche ´Rakete für den Baggersee´, dass sogenannt ´Wilke-Board´; wisst ihr noch? Seit viele Jahren habe ich alle Schikanen ertragen, denen man als Surfer ausgesetzt ist, und war froh, wenn ich doch irgendwie auf´s Wasser durfte, ohne überall für einen (keinen) miesen Service auch noch ausgenommen zu werden.Deswegen fahre ich nicht zum Garda See, ich bleibe in Deutschland, und lasse mich hier ärgern.

Und ein mal im Jahr, im Urlaub, da möchte ich richtige Brandung unterm Brett spüren. Einmal ohne Rödelei und Auto zum Surfen; wenn´s hackt, oder auch nur so : das Brett über die Düne tragen, aufriggen und los. Eine Familie habe ich auch, und die kommt natürlich mit. Weil diese auch andere Interessen hat, als (nur) im Sand hocken, fällt die Wahl nicht schwer: Man gönnt sich ja sonst nichts: Die Königin der Nordsee – 40 Kilometer Brandungsstrand, World cup spot, das Surf -Paradies schlecht hin – Sylt. Da die Insel früh besetzt ist, fängt man mit der Vorbereitung früh an! Mitte Dezember Anfrage Campingplatz Hörnum. Nach längerem zögern ´kann man uns keinen Platz anbieten´- man hofft dass wir woanders unterkommen. !? Na gut, dann eben richtig: Westerland! Hier ist man freundlich, und freut sich, das wir, und noch ein paar Freund kommen wollen. Aber ein guter Kumpel gibt mir einen Tip: „Da darfste nich sörfn“! Wie, – darfste nich sörfn? Na is verboten! Ich kann´s (will´s) nicht glauben, und rufe wieder beim Campingplatz an. Kann ich bei euch surfen? – Warum sollten Sie nicht? Ich hab gehört es soll verboten sein. Also das würde man da nicht so eng sehen, und in der Brandung fährt ja ohnehin kaum einer !? Ich möchte aber sicher gehen, und rufe bei der Kurverwaltung an. Die einzige Dame, die dazu etwas sagen kann, sagt (sehr freundlich) „Das surfen ist überall verboten, wo es nicht ausdrücklich erlaubt ist!“ Auf der ganzen Insel? Ja überall! Warum denn das? Es ist soviel passiert!? Es gibt nur ein paar kleine Strandabschnitte, da darf man. Am Campingplatz? Nein da nicht! Ja, aber dann muss ich ja doch mit dem Auto… und meine Familie? Getrennt am anderen Strand? Ich möchte doch, natürlich nur ausserhalb des bewachten und gekennzeichneten Badestrandes, mit meinem Brett in Wasser, und bei Hack ist doch sowieso kaum einer am Strand (ausser Zuschauern). Na ja, wenn ich mich vernünftig verhalte, und nur ausserhalb des bewachten Badestrandes einsteige, – man sieht das nicht so eng. Ich bin echt erleichtert, rufe aber noch mal beim Campingplatz an. Der gute Mann hat in der Zwischenzeit selbst bei der Kurverwaltung angerufen, und ein o.K.(für die Gäste des Campingplatzes) bekommen! Ist das nicht toll? Es geht auch mal was ohne Formular und Antrag, nur so! Meine Freunde und ich buchen, und reisen 6 Monate später an. (1.700 DM,- für 4 Wochen ; davon über 300,-allein für die Benutzung des Strandes durch meine Frau und mich. (Kinder frei).

Der Platz ist gut, die Verwaltung zuvorkommend, und die Insel ist wirklich (nicht nur zum surfen) sehr schön. Nach drei Tagen – so ein leichter 4er; ich denke ob ich mal mit nem 6er und dem Slalom das Terrain erkunde? Ich rödel also den ganzen Kram auf den Buggy, zwängel mich in das Gummi, und fahre quer über den Platz auf ein Wärterhäuschen zu, das den Platz vom Strand trennt. Irgendwie habe ich das Gefühl, der hat schon auf mich gewartet. Ich zeige meine Legitimation zur Strandbenutzung vor, und versuche zu lächeln (rechts und links Stacheldraht). „Surfen ist hier streng verboten!“ Ja, aber ich habe doch mit der Kurverwaltung…. Das interessiert mich nicht, mit dem Zeug kommen Sie hier nicht durch!Irgendwie packt mich die Wut, ich stehe wie 1970 vor ´nem DDR Grenzer, bin machtlos, rein gelegt und habe auch noch dafür bezahlt! Also umdrehen, trotz Wind und nah am Wasser ich kann nicht fahren!Aber telefonieren! Wie hiess die Dame? Anruf bei der Kurverwaltung. Ach Sie sind´s, wie gefällt es Ihnen denn bei uns? „Der Wächter an der Düne lässt mich nicht mit meinem Brett an den Strand, und Sie haben mir doch… Ja wenn der Sie nicht durchlässt, da kann ich auch nichts machen! Mir zittern die Hände! Ich möchte den zuständigen Sachbearbeiter sprechen! Der ist zur Zeit nicht im Hause! Die Campingplatzverwaltung! Ich laufe zur Anmeldung. Der Herr ist leider erst in drei Tagen wieder hier! (Mir zittern die Knie) Ich bin aber doch zum surfen hier! Dann rödel ich den Kram eben auf´s Auto und fahre eben in Gottes Namen. Währe wahrscheinlich auch gegangen, wenn nicht der Platz (vernünftiger Weise) in der Mittagszeit für KFZ gesperrt währe. Zustand : nahe am Herzinfarkt, und stinkig, dass mir alle Haare abstehen. Der Wind nimmt noch ein wenig zu, und ich ziehe mein (schweiss)nasses Gummi wieder aus, und der blanke Hans rauscht hinter der Düne!Um kurz vor vier erreiche ich den zuständigen Herrn der Kurverwaltung. „Tja der Mann hat recht, wenn er Sie nicht durchlässt!“ Warum ? „Surfen ist hier (bis auf die Ausnahmen) überall verboten.“

Auch ausserhalb des bewachten Badestrandes, wo Angler ihre Haken durchs Wasser ziehen, Boogieboarder und Wellenreiter fahren, und wo jeder sowieso auf eigene Gefahr badet? „Auch da!“ Auch wenn (bei Hack) Badeverbot besteht? „Auch dann!“ Aber in Hörnum, dass weiss ich genau, da ist der Strand doch genau so eingeteilt wie hier. Rechts Badestrand und links, am unbewachten Strand darf man surfen nach Herzenslust, und die letzten acht Jahre hat man sich da prima am Strand vertragen! Und ist es denn für die Insel gut, wenn man immer mit dem Auto… könnte man den nicht wenigstens für die Surfer, die auf dem Campingplatz wohnen, einen kleinen Teil des unbewachten Badestrandes….Schaun sie, sagt der Sachbearbeiter, an uns liegt das gar nicht. Die Kurverwaltung führt hier nur aus, was das Wasser und Wirtschaftsamt Husum vorgeschrieben hat! Wir haben nichts gegen Surfer, wir wollen nur, dass hier jeder sicher baden kann! Ja aber das will ich doch auch, der Strand ist doch 40 Km lang… Tja, das ist nun etwas unglücklich gelaufen, aber es ist so! Mich verlässt meine Zuversicht. Ich fahre die ´offiziellen´ Plätze an. Brandenburger Strand : Mitten in der Stadt! Schon mal einen Parkplatz bekommen? Den Kram durch die Kurgäste an den Strand tragen! Wenningstedt am Kliff : Mit dem Brett wie Louis Trenker durch den Steilhang. Sansibar: 500 oder waren´s 600 oder doch nur 400 m durch Knöcheltiefen Sand! Das hält kein Buggy (Surfer) aus. Königshafen: Musste warten, bis der blanke Hans kommt, der haut regelmässig wieder ab, und dann rutscht die Finne im Schlamm. Ausserdem kann ich da gleich nach Steinhude fahren! Hörnum : O.K. Parken in relativer Strandnähe; Surfspot : chaotische Brandung, ganz toll. Sind nur 16 Km vom Campingplatz! Und überall und jeden Tag neu : löhnen, trotz Strandbenutzungslizenz.

Endlich treffe ich den Herrn von der Platzverwaltung. Der ist wirklich überrascht. Das haben die mir doch zugesagt. Sie währen doch gar gar nicht gekommen, wenn ich Ihnen das nicht zugesagt hätte!Das gibt es doch nicht, wenn Sie surfen wollen, bringe ich Sie an den Strand!Das tat wirklich gut. Der stand doch wirklich zu dem was er gesagt hat. Also nach ein paar Tagen: 5er Wind und Segel, und wir rollen mit zwei Buggy´s, einer Menge Zeugen, und verstärkt durch die Platzverwaltung in Richtung Strand. “ Wir haben die Zusage, das unsere Gäste hier Surfen dürfen!“Der Wärter wird sofort ausfallend. Ich warte noch ab, ob er evtl. unmittelbaren Zwang anwendet, dann haste ich wie Papillon mit seinen Kokosnussschalen über die Düne an den Strand. Hoher shore brake! Kaum Menschen am Strand. Einige bleiben einig stehen. Wollen Sie da raus? Geht denn das, ist das nicht zu gefährlich? Ich bin nervös, zögere einen Augenblick zu lange – sakraler Waschgang! (etwas länger, und mit Opfergabe: ein nagelneuer Wavemast) Ich bitte meinen Sohn meinen Ersatzmast zu holen. Der kommt erst nach einer halben Stunde wieder – Der Wärter hat Ihn mit dem Mast nicht durchlassen, erst mit Hilfe der Platzverwaltung kam er durch.Ich baue auf, nach zwei Schlägen ist der Wind weg. Nachher höre ich, von der Kurverwaltung waren höhere Herren da, jetzt ist es endgültig vorbei- kein Surfen mehr. Am nächsten Tag rufe ich den Herrn von der Kurverwaltung wieder an. Ich möchte wissen was das Amt in Husum denn eigentlich verboten hat. ´Das Surfen ist am Strand verboten!´ Wir surfen nicht am Strand, sondern in der Nordsee! Tja….? Was ist denn nun eigentlich verboten, ´das verbringen von Surfbrettern über den Strand´, oder das befahren der Nordsee mit einem Surfbrett? Ich höre etwas von Wegesicherungspflicht, und jetzt ist auf einmal das See- und Schiffahrtsamt in Tönning die verbietende Behörde. Was verboten ist, bleibt unklar, nur dass es verboten ist, bleibt klar. Am 16.07. Anruf beim See und Schiffahrtsamt in Tönning. (Sehr freundliche und hilfsbereite Leute) „Gibt es Beschränkungen zum Befahren der Nordsee mit Surfbrettern über die bekannten Einschränkungen hinaus?“ (vor Hafeneinfahrten, in Naturschutzgebieten, vor bewachten und gekennzeichneten Badestränden u.s.w.) Antwort: Die Nordsee ist ein freies Gewässer, welches jeder der sich an die vorgenannten Regeln hält , befahren kann! Aha, sage und denke ich .Vielen Dank, und lege auf. Wie sagte man mir ? Wir haben nichts gegen Surfer! Ich haben noch einen Tip bekommen. In List, da gibt es eine Stelle… Nach vielem gebettel, und zwei Leuten, die gegen irgend welche Vorschriften verstiessen, konnten wir ans Wasser. Allerdings nicht ohne dass da noch ein Offizieller erschien, der uns klar machte, dass wir da eigentlich nichts zu suchen haben, und nur einmal und nur heute, sonst…! Wir sind an dem Tag traumhaft gefahren. (Mit zwei Leuten) Der Strand war fast leer.In Hörnum waren wir zwei mal. Wahnsinnstage, wir fahren bis die Arme aufgeben. Einmal kam ich bei einem längeren Schlag ein Stück vor den Badestrand. Der Rettungsschwimmer hupte mich an, ich hob (solange es ging) entschuldigend die Hand, und haue sofort ab. Er winkt zurück, ich glaube er hat gelächelt. Man kann sich tatsächlich auch so verhalten, fast hätt ich´s nicht mehr geglaubt.

Drei Brandungstage in vier Wochen + die an denen es gegangen währe, wenn…Noch nie bin ich als Surfer so diskriminiert worden, wie in diesem Urlaub und auf dieser Insel.Ich werde jetzt einen Antrag stellen, ob man nicht ausserhalb des bewachten Badestrandes nur einen kleinen Streifen……Von diesem Antrag schicke ich dann einen Durchschlag, und die Reaktion bekommt Ihr auch. Ich meine das dieses ein Thema ist, dass uns alle betrifft, auch wenn in der Brandung nur wenige fahren. Und, lasst Ihr mich bitte nicht auch noch hängen.Vielleicht können wir ein paar Freunde davor bewaren, in ein Surf-Paradies zu fahren, welches leider keines ist! Mit einem freundlichen Gruss aus Warmsen
Lothar Finger

P.S.
All das habe ich probiert, und bin überall gegen die Wand gelaufen! Sogar die SURF Redaktion hat nicht eine Silbe davon veröffentlicht – das hat mich besonders enttäuscht. Der zuständige Redakteur hat mir geraten nach Rømo zu fahren, da führe er auch immer hin. Und auf Sylt? Da ist alles so geblieben! Das Surfen ist überall verboten, wo es nicht ausdrücklich erlaubt ist! Welch ein Surfparadies!

Autor

Lothar Finger

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2 Kommentare

  1. Moin Lothar, Deine Geschichte klingt unglaublich, zumal ich auf Sylt lebe und hier in Westerland ganzjährig aufs Wasser gehe. Auch an „Deinem“ Camingplatz übrigens. Wann war das? Würde das gerne recherchieren. VG Christian

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